TECHNOLOGIE & ZUKUNFT

Wert(e)volle Gespräche mit Sven Korndörffer

Wertvolle Gespräche zeichnen sich durch Tiefe, Bedeutung und nachhaltige Wirkung aus. Sie entstehen, wenn Ehrlichkeit und Offenheit herrschen und Menschen authentisch ihre Gedanken und Gefühle teilen. Solche Gespräche inspirieren häufig, bieten neue Einsichten und regen zur Reflexion sowie persönlichen Weiterentwicklung an und führen sie zu einem starken Gefühl von Vertrauen, da beide Gesprächspartner sich auf Augenhöhe begegnen. Das macht Sven Korndörffer im Gespräch mit Mark Lohweber, Vorstandsvorsitzender der adesso SE. Er verantwortet die Gesamtstrategie des Unternehmens, steuert die Geschäftsentwicklung und die Kernbranchen Banking und Insurance sowie das internationale Geschäft. Zudem fallen das Corporate Account Management und wichtige Produktgesellschaften in seinen Ressortbereich.
Autor: 
Sven Korndörffer
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Wert(e)volle Gespräche mit Sven Korndörffer

Welche Werte prägen Sie als Mensch und leiten Sie durch Ihr Leben?

Persönlich prägt mich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und unser Grundgesetz: Aus meiner Sicht ist es ein Privileg, dass wir in einem Land leben, in dem die Unantastbarkeit der Menschenwürde im Grundgesetz verankert ist. Dies ist für uns als Gesellschaft und für mich als Teil dieser Gesellschaft nicht nur zutiefst elementar, sondern auch eine Verpflichtung im Alltag. Insofern bemühe ich mich sehr, dieses Werteverständnis zu leben und mein Gegenüber zu achten und zu respektieren. Das gelingt selbstredend nicht immer gleich gut – insofern ist neben dem Werteverständnis selbst die ständige Reflektion des Handelns entscheidend: Ich gestehe mir ein, dass wir als Menschen Fehler machen. Daher ist mir sehr daran gelegen, dass mir meine Mitmenschen ehrlich Feedback geben, wo ich nicht richtig lag oder liege, und dass ich mir selbst und anderen gegenüber zugeben kann, wenn ich eine Entscheidung korrigieren muss.

Um einander wirklich verstehen zu können, muss man sich meines Erachtens immer ein Stück weit wirklich auf sein Gegenüber einlassen: Mein Austauschjahr als Schüler in den USA in der Nähe von St. Louis hat mich diesbezüglich vieles gelehrt. Ich habe erkannt, dass die Menschen, mit denen ich zu tun habe, teilweise sehr unterschiedlich sozialisiert sind – in unterschiedlichen Kulturen, in unterschiedlichen sozialen Milieus, in unterschiedlichen Lebensstilen, Religi-onen usw. Während meiner Zeit in den USA lebte ich mit fünf Geschwistern meiner Gastfamilie zusammen, die vollkommen anders aufgewachsen sind
als ich. Uns trennen noch heute unter-schiedliche Auffassungen etwa in gesellschaftspolitischen Fragen. Da ist man schnell verleitet zu sagen: „Geht’s noch?“ Aber genau dann muss man sich, so finde ich, im gegenseitigen Respekt voreinander zunächst ein-mal auf eine Diskussion einlassen. Diese Toleranz füreinander ist für mich – nicht zuletzt auch in der internationalen Zusammen-arbeit mit Kollegen – sehr wichtig. Ich habe gelernt, dass man im respektvollen Miteinander die Werte anderer Menschen, obgleich man sie selbst nicht teilt, akzeptieren kann. Gleichzeitig ziehe ich sehr klar Grenzen gemäß meines persönlichen Wertegerüstes. Und so heißt es dann manchmal: „We agree to disagree“ – das aber im gegenseitigen Respekt voreinander.

Wie beeinflussen Ihre persönlichen Werte Ihre Entscheidungen und Ihren Führungsstil im Berufsleben?

Für mich bedeutet Führung zum einen, mich für die Menschen, mit denen ich arbeite, aufrichtig zu interessieren, und zum anderen, klar und verlässlich in meinen Entscheidungen als Führungskraft zu sein: Konkret heißt das zunächst einmal: zuhören, verstehen, machen lassen. Und dann: Erfassen. Und dann im letzten Schritt bewerten. Nur wenn ich meine Mitarbeitenden ganzheitlich erfasse, kann ich ihnen im Sinne unserer Unternehmenskultur gerecht werden und als Führungskraft Entscheidungen so treffen, dass es für alle passt: für den einzelnen Mitarbeitenden und für das Unternehmen. Insofern führe ich jeden Mitarbeitenden individuell ein wenig anders – weil jeder ja individuell ein wenig anders ist. Unabhängig davon ist mein Führungsstil stark geprägt durch persönliche Anwesenheit. Ich verantworte Märkte in rund 15 Ländern und bin häufig vor Ort, spreche dort mit den jeweiligen Führungskräften, aber auch direkt mit Mitarbeitenden. Denn nichts ist so verbindend wie ein persönliches Gespräch.

Als Führungskraft mussten und müssen Sie unangenehme und unpopuläre Entscheidungen treffen. Wie vereinbaren Sie das mit Ihren Werten?

Ich halte mich auch und insbesondere bei unpopulären Entscheidungen an mein persönliches Wertegerüst – die Achtung vor dem Menschen kommt an erster Stelle. Derjenige, der oder die am meisten betroffen ist von unangenehmen Entscheidungen, erfährt es als Erster oder Erste von mir.

Oft wird empfohlen, erst Strukturen zu schaffen und dann zu kommunizieren – also zum Beispiel schon den Nachfolger oder die Nachfolgerin zu kennen, bevor man mit der Person, von der man sich etwa trennen möchte, spricht. Ich halte das für falsch. Der Respekt vor der Person kommt an erster Stelle. Da bin ich kompromisslos. Das macht zwar die Entscheidung für den Betroffenen in der Sache nicht besser, lässt aber das menschliche Verhältnis weitgehend unbeschadet – eben weil man respektvoll und auf Augenhöhe bleibt. Alles andere zerstört Vertrauen, das wir Menschen uns gegenseitig schulden. Und schadet übrigens auch der Glaubwürdigkeit und der Reputation von Vorgesetzten und des Unternehmens. Insofern will ich, wollen wir bei adesso, dass so etwas nicht passiert. Und ich weiß: Es ist möglich.

Inwiefern spielen Werte eine Rolle bei der strategischen Ausrichtung von adesso?

Werte sind absolut zentral als Fundament von adesso und damit als Teil der Erfolgsgeschichte: Wir haben uns sowohl in der strategischen als auch in der kulturellen Ausrichtung aus unserer Geschichte entwickelt – geprägt durch Volker Gruhn, unseren Unternehmensgründer und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden. Er hat die Leitplanken gesetzt: Exzellenz in der Leistung und Respekt vor den Menschen. Hieraus leitet sich alles in unserem Unternehmen ab.

In unseren Führungskräfte-Meetings reden wir zum Beispiel auch darüber, um wie viele Mitarbeitende wir wachsen, und nicht abstrakt nur über wirtschaftliche Zahlen und Kennziffern. Denn wir wissen, dass wir die Erfolge den Menschen verdanken, die mit uns und für uns arbeiten.

Wenn wir Menschen einstellen, die wir für fachlich und menschlich geeignet erachten, dann bringen wir ihnen grundsätzlich Vertrauen entgegen: Wir hören zu. Wir denken nach über das, was sie einbringen. Wir geben Ihnen Zeit. Das bewährt sich. Und das muss man immer wieder aufs Neue leben und das vermeintliche Risiko dabei aushalten. Statt „demand and control“ leben wir „trust our people and win together“. Ich glaube, genau das ist unser Erfolgsrezept. Heute reden viele über Purpose; ich denke, wir tragen das schon lange in uns und leben es.

adesso ist einer der führenden IT-Dienstleister. Was fasziniert Sie an der digitalen Welt – und welche Chancen sehen Sie in der Verbindung von Technologie und Menschlichkeit?

Mich persönlich fasziniert an der digitalen Welt, dass man in ihr Dinge bauen kann – vergleichbar mit einem Architekten, der Häuser baut. Es geht darum, einen hohen Nutz- und Gebrauchswert zu schaffen – das hat für mich einen gewissen Zauber. Da entsteht etwas Reales, kein theoretisches Produkt. Unabhängig davon ist extrem spannend, dass wir als IT-Dienstleister Teil einer disruptiven Zukunft sind: Gerade jetzt, in der kommenden Dekade mit der Digitalisierung und der Einführung von Künstlicher Intelligenz, erleben wir eine Entwicklung, die mit der industriellen Revolution vergleichbar ist. Hier aktiv und werteorientiert mitgestalten zu dürfen, das fasziniert mich.

Sie führen ein börsennotiertes Unternehmen. Was macht für Sie den besonderen Reiz aus, ein Unternehmen dieser Größe und Dynamik zu gestalten?

Die Kombination aus Freiheit und klaren Rahmenbedingungen ist extrem spannend: Durch die Börsennotierung haben wir einen festen wirtschaftlichen Rahmen, der uns Disziplin und Struktur gibt. Das empfinde ich als Vorteil. Wir haben institutionelle Investoren, die uns kritisch begleiten, Fragen stellen und Vergleiche ziehen. Das sorgt dafür, dass wir uns ständig reflektieren und nicht Gefahr laufen, selbstzufrieden zu werden. Dies, verbunden mit der Geschwindigkeit der digitalen Revolution, macht für mich den Reiz aus.

Wie schaffen Sie es, bei einem dichten Vorstandsalltag selbst „in the long run“ fit und fokussiert zu bleiben?

Ich bin nicht nur Manager, sondern auch Ehemann und Vater von drei Kindern, habe langjährige enge Freunde sowie zwei Hunde und zwei Katzen zusätzlich in der Familie. Glauben Sie mir: Das hilft, fokussiert zu bleiben, und gibt Bodenhaftung und Energie. Außerdem mache ich regel-mäßig Sport. Ich war fünf Jahre lang Bundesligaspieler im American Football. Heute mache ich vor allem Krafttraining und schlafe acht Stunden pro Tag – dieser Ausgleich zu allen anderen Themen des Alltags gibt mir Ruhe und Resilienz und hilft mir, gesund und körperlich fit zu bleiben.

Welchen Ratschlag würden Sie anderen Führungskräften geben, die daran interessiert sind, eine werteorientierte Kultur in ihren Organisationen aufzubauen?

Ich glaube, eine werteorientierte Unter-nehmenskultur entsteht nicht durch eine einzelne Person, sondern durch das Zusammenspiel vieler. Die adesso-Kultur hat sich über Jahre entwickelt. Wenn Sie so wollen, bin ich in meinem Selbstverständnis als CEO von adesso ein „Ergebnis“ unserer Kultur. Wir verändern Dinge bei adesso kontinuierlich, aber der Kern, Exzellenz und Menschlichkeit zu verbinden, bleibt ebenso fortlaufend bestehen.

Im aktuellen Index Digitale Souverä-nität sprechen Sie davon, dass Selbst-bestimmung im digitalen Raum keine Abschottung bedeutet, sondern Wahlfreiheit. Wie kann diese Haltung Unter-nehmen helfen, Verantwortung und Unabhängigkeit im digitalen Zeitalter zu verbinden?

Ich finde, die Diskussion über digitale Souveränität wird oft zu einseitig dahingehend geführt, dass es um eine Abschottung zu Ländern und Märkten geht. Es geht meines Erachtens primär um eine differenziertere und Betrachtung. Denn man muss unterscheiden zwischen zwei Ebenen: erstens den Anwendungen und Systemen, die wir nutzen, und zweitens dem Zugriff auf unsere eigenen Daten. Eine Armee etwa muss hier anders entscheiden als ein global tätiges Unternehmen.

Entscheidend ist also, das Thema in Schichten zu denken und für jeden Bereich zu prüfen, welche Unabhängigkeit in welchem Bereich sinnvoll und nötig ist. Klar ist: Digitale Souveränität in ihrer individuellen Notwendigkeit ist jetzt schon ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für jedes Unternehmen.

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