TECHNOLOGIE & ZUKUNFT

Good Meat – Changing the way

Es sieht aus wie Hühnchen. Es schmeckt wie Hühnchen. Spoiler: Es ist Hühnchen. Aber: Es war nie ein Huhn. Fleisch, aus den Zellen des Federviehs im Labor gewonnen, wird gerade zum letzten Schrei in der amerikanischen Sternegastronomie. Als schlachtfreie Alternative für die Tierfreunde unter den Otto-Normal-Vegetariern taugt es allerdings (noch) nicht. Viel zu rar und noch zu teuer.
Autor: 
Elke Löw
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Good Meat – Changing the way

Good Meat – der Name des Startups aus der San Francisco Bay Area ist Programm. Das Ziel: Fleisch im Labor so zu züchten, dass es nicht nur schmeckt, sondern langfristig auch so erschwinglich wird, dass es nicht nur bei Veganern eine tierfreundliche, fast echte Fleischeslust wecken kann.

Aus dem Labor statt aus dem Stall

Mit dem Hamburger aus der Petrischale (Kostenpunkt: 250.000 Euro), mit dem zellkultiviertes Fleisch vor rund zehn Jahren erstmals präsentiert wurde, hat das Good-Meat-Huhn kaum noch etwas gemein: weder optisch (siehe Foto links), noch preislich oder geschmacklich.

Noch weniger Ähnlichkeit hat es mit den vegetarischen Schnitzeln und Frikadellen aus dem Supermarkt. Denn es ist und bleibt ein tierisches Produkt – nur, dass es eben im Labor und nicht im Stall gezüchtet wird. Die Produzenten streben eine umweltschonende Alternative zur Massentierhaltung an, wollen aber auch Gourmets vom Geschmack überzeugen.

Erst im Juli 2023 gab das US-Landwirtschaftsministerium dem Hühnerfleisch aus dem Labor seinen Segen. Noch im selben Monat feierte es Premiere in der Sterne-Gastronomie. Der mehrfach ausgezeichnete Koch José Andrés zauberte die ersten Kreationen auf die Teller eines illustren Journalistenkreises. Andrés, der rund 30 Restaurants betreibt – darunter das mit zwei Michelin-Sternen dekorierte „Minibar” in Washington D.C. – servierte ein peruanisch inspiriertes Gericht mit mariniertem Labor-Hähnchenfleisch in Anticucho-Sauce auf Kartoffeln und Amarillo Chimichurri (s. Seite 36).

Wer sich das Fleisch, für das kein Huhn sterben muss, selbst auf der Zunge zergehen lassen will, muss sich auch in den USA gedulden. Gerade einmal acht Personen pro Woche kommen in Andrés‘ Restaurant „China Chimano” in den Genuss von 100 Gramm des seltenen Fleisches, das weit mehr sein will als ein Fleischersatz. Reservierungen werden in Washington D.C. schon gar nicht mehr angenommen.

Die Nachfrage übersteigt die Produktionskapazitäten von Good Meat und seinem einzigen Wettbewerber bei weitem. Nicht nur an der Ost-, sondern auch an der Westküste bleibt alternatives Fleisch Mangelware: Good Meat-Konkurrent Upside-Foods serviert in der Bar Crenn des mit drei Michelin-Sternen dekorierten Kochs Dominique renn in San Francisco nur 16 Gästen pro Monat ein Sechs-Gänge-Menü mit sparsamen 30 Gramm seines zellkultivierten Hühnerfleisches.

Bis wir in Deutschland in den Genuss des „tierlosen” Fleisches kommen, sind überdies noch viele bürokratische Hürden zu nehmen. Bisher ist der Verkauf der Good Meat-Produkte nur in Singapur und den USA erlaubt. Die ersten Genehmigungen, Verbrauchertests und nicht zuletzt das eingesammelte Venture Capital ermutigen den Produzenten jetzt, seine Kapazitäten deutlich auszubauen.

Auch Huhn aus Zellkulturen will gefüttert werden

Wieviel Zeit für die Herstellung des Laborzuchtfleisches benötigt wird, hängt vor allem von der Größe der Produktionsanlage und der Anzahl und der Bioreaktoren ab. Derzeit dauert der Herstellungsprozess, bei dem sich ausgewählte und schonend gewonnene Hühnerzellen in Fett und Muskelgewebe umwandeln, rund einen Monat – etwa so lange, bis ein Masthähnchen geschlachtet wird und auf dem Grill landet. „Gefüttert” wird das zellbasierte Fleisch mit Zucker, Aminosäuren, Salzen, Vitaminen, Mineralien und anderen Zutaten. Die Feinheiten werden ebenso gehütet wie die Rezepturen von Coca-Cola oder Heinz Ketchup.

Eine Alternative zur Massentierhaltung ist Good Meat zwar noch lange nicht. Doch das Time Magazine sieht die Perspektive positiv: Josh Tetrick, CEO von Good Meat, wurde soeben in die erste TIME100 Climate-Liste aufgenommen. Sie zeichnet Führungskräfte aus, die den Klimaschutz vorantreiben. So verbindet Good Meat Fleischgenuss mit gutem Gewissen. In diesem Sinne: Guten Appetit!