GENUSS

Weindurchblick

Dream of Californication – Hauptsache, es knallt
Autor: 
Alessandro Borioni
, Fotograf: 
Advertorial
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Weindurchblick

Immer wieder steht man in seiner Karriere als Somm* vor ihm, dem „Seit unserer USA Reise trinken wir nur noch Weine aus Kalifornien“-Gast. Mit dem dazugehörigen Kommentar: „Der schmeckt uns einfach am besten.“ Ein Wein – aus Kalifonien, USA – schon klar, aber welcher? Immerhin handelt es sich hier um ein Anbaugebiet, welches sich der prominenten Rebstockfläche von 221.000 Hektar rühmt und Deutschland im Vergleich mit insgesamt 103.079 Hektar daherkommt. Der Weinbau in Kalifornien blickt auf eine – für amerikanische Verhältnisse – sehr lange Geschichte zurück und wurde im 18. Jahrhundert begründet, als ein Franziskanermönch den angeblich ersten Weinberg anlegte. Legende hin oder her – es spielt für die Tatsache, dass Kalifornien das größte und mit Abstand bedeutendste Weinbaugebiet der USA ist, keine Rolle. Denn in Kalifornien werden rund 90 Prozent aller aus den USA stammenden Weine gekeltert.

Heute hat Kalifornien eine ganze Bandbreite unterschiedlichster Weine zu bieten, was in erster Linie an den unterschiedlichen Klimazonen und in zweiter an den zahlreichen unterschiedlichen Bodentypen liegt. Die Weingärten des Bundesstaates erstrecken sich über 1000 Kilometer entlang der Pazifikküste. Die Bodenarten sind äußerst vielfältig, so gibt es zum Beispiel im relativ kleinen Napa Valley mehr als 30 Varianten. Ähnlich verhält es sich mit dem Klima. Die unterschiedlichen Klimata waren über viele Jahre ein Thema, mit dem sich die Forschung intensiv beschäftigt hat. Schließlich wurden 1944 die kalifornischen Klimazonen auf Basis des von Albert Winkler entwickelten Temperatursummensystems als Klassifizierungssystem für die kalifornischen Weine eingeführt. Dieses unterteilt die Klimazonen wie folgt:

Region 1: Klimatisch vergleichbar mit Burgund, Champagne, Loire und Mosel.Besonders geeignet für weiße Rebsorten wie Chardonnay, Riesling und Sauvignon Blanc, aber auch die rote Rebe Pinot Noir kommt hier sehr gut zurecht.

Region 2: Im Durchschnitt etwas wärmer, ähnlich wie Bordeaux und Piemont. Sehr gute Bedingungen für rote Rebsorten wie Cabernet Franc, Cabernet Sauvingon, Merlot, Nebbiolo und Zinfandel.

Region 3: Entsprechend der Rhône oder auch Toskana. Rote Rebsorten, vor allem Grenache, Sangiovese und Shiraz, liefern hier hervorragende Ergebnisse.

Region 4: Vergleichbar mit Zentralspanien und Mittelportugal. Vor allem gut für die Erzeugung alkoholverstärkter Weine sowie für Tafeltrauben und Rosinen.

Region 5: Noch etwas wärmer und trockener als alle anderen Regionen. Vom Klima vergleichbar mit Griechenland und Nordafrika. Weinbau ist zwar möglich, doch die Gegend eignet sich besser für die Erzeugung von Tafeltrauben und Rosinen.

Da diese Einteilung relativ umstritten ist, bieten die AVAs („American Viticultural Areas“), von denen es in Kalifornien etwas mehr als 100 gibt, einen verlässlicheren Anhaltspunkt. Grundsätzlich ist Kalifornien in die fünf Regionen Central Coast, Central Valley, North Coast, Sierra Foothills und South Coast gegliedert, die wiederum in Counties unterteilt sind, in denen sich dann die einzelnen AVAs befinden, die allerdings teilweise über die County-Grenzen hinausreichen. 

Nördlich von San Francisco erstreckt sich der Superstar unter den US-Weinanbaugebieten: Das kalifornische Napa Valley, in dem, anders als vermutet, nicht nur Cabernet Sauvignon und Zinfandel, sondern weit über 30 sortenreine Weine hergestellt werden. Schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden hier erste Reben gepflanzt, meist von europäischen Aussiedlern zur Gewinnung von Messwein – was sonst? Das Klima des Napa Valley wird durch mehrere Faktoren wie Pazifiknähe, das Kalifornische Küstengebirge, kühlen Morgennebel, kühlende Meeresbrisen und Wolken der winterlichen Stürme aus dem Landesinnern, die eher an den westlichen Hängen abregnen, beeinflusst.

Weingüter mit Namen wie Harlan, Shafer, Screaming Eagle, Stags Leap, Realm, Dominus, Sine Qua Non und viele weitere stehen für absolute Weltspitze. Kalifornische Spitzenweine sind meist nicht gerade günstig und manche Weine wie beispielsweise der Screaming Eagle werden nur in Einzelflaschen nach jahrelanger Wartezeit zugeteilt. Wer genug Geduld und das nötige Kleingeld mitbringt, darf sich auf ein einmaliges Weinerlebnis freuen.

Sie können sich also vorstellen, was einem  Somm* durch den Kopf geht, wenn er vor einem „Seit unserer USA Reise trinken wir nur noch Weine aus Kalifornien“-Gast steht. 

Eines jedoch lässt sich zweifelsfrei über die modernen Weine aus Kalifornien sagen: Sie haben meist einen hohen Alkoholgehalt und viel Extrakt, somit ist der Hinweis gegeben, auf was für ein Produkt der Somm* bei dem „Seit unserer USA Reise trinken wir nur noch Weine aus Kalifornien“-Gast zurückgreifen sollte. No matter if white or red – Hauptsache, es knallt.