TECHNOLOGIE & ZUKUNFT

Dive Deeper

Haben Sie Angst? Tauchen Sie ab! Und dann durch, zum Erfolg. Wie das geht, lehrt Christian Redl. Der Österreicher ist Rekordhalter im Apnoetauchen, setzt sich für die Rettung der Meere ein und gibt seine Erfahrungen als Mental Coach weiter.
Autor: 
Sonja Still
, Fotograf: 
Advertorial
Sie lesen:  
Dive Deeper

„Ich bin doch kein Wunderwutzi“, sagte er auf dem Resilienz-Kongress 2023. Der Kongress lädt  jedes Jahr die besten Experten ein, Forschungsergebnisse und Tricks für mehr Widerstandskraft im Leben vorzustellen. Elf Rekorde im Apnoetauchen hält Christian Redl. Gerne unter Eis. Mit nur einem Atemzug bewältigte er eine Strecke von 90 Metern – unter einer 25 cm dicken Eisschicht und bei nur 2 Grad Wassertemperatur. Darüber spricht er am Kongress. „Ich bin auch kein Adrenalinjunkie und Extremsportler“, fügt er dann an. Er sieht sich als Risikomanager.


Vielleicht ist es so, dass jeder seine eigene Definition von Risiko hat. Für manchen ist es schon Risiko genug, sich vor anderen Menschen hinzustellen und zu reden. Christian Redl stellt sein Buch im Haifischbecken vor. Nein, nicht in dem der Konkurrenz, sondern in einem echten. Ein Braungebänderter Bambushai und ein zwei Meter langer Schwarzspitzen-Riffhai werfen einen ersten Blick ins Buch, über die Schulter von Christian Redl unter Wasser. Die beiden sind für Christian Redl eher „kleine Fischerl“. Sie tummeln sich gemeinsam mit mehr als 1.000 weiteren Fischarten im 500 Tonnen schweren Aquarium im siebten Stock des Wiener Haus des Meeres. Und weil er es kann, macht er es. Er kann es aber, weil er sich geschult hat – physisch und psychisch. Und daran lässt er seine Leser teilhaben.


Als Freitaucher hat er eines gelernt: die Luft anzuhalten und durchzutauchen. „Ich bin aber bekennender Warmduscher“, schiebt er lachend hinterher, weil es manchem schon den Atem verschlägt, allein bei der Vorstellung, dass das Wasser so kalt ist.

Doch genau darum geht es in allen Ex-tremsituation, auch bei denen, die alltäglich sind. Man muss die Luft dafür haben und durchhalten. „Mit der Erfahrung, die ich beim Freitauchen machte“, erklärt er, „kann ich mich allen Ängsten stellen.“ Es ist nicht allein die physische Belastbarkeit, die man beweisen muss, es ist auch die psychische Belastbarkeit, die man trainieren kann. Mit der richtigen Vorstellungskraft. Mit der richtigen Atmung.


„Negative Gedanken verbrauchen mehr Sauerstoff“, erklärt er. „Positive Gedanken verbrauchen weniger Sauerstoff.“ Das klingt aufs Erste esoterisch. Aber er hat es gemessen. Einfach ausgedrückt: Wer negativ denkt, baut in sich Angst auf. Dadurch verschlägt es ihm den Atem. Man kommt nicht mehr so tief in den Bauch mit der Luft. Das Herz braucht ein paar mehr Schläge. Und verbrennt etwas mehr Sauerstoff. Angst ist der limitierende Faktor. Wenn es bei seinen Tauchgängen eng wird, dann wird es am Ende eng. Weil ihm da die Luft ausgeht. Er muss sich also mental vorstellen, dass er es schafft. Muss planen und sich absichern. Also: Es schwimmen bei ihm Assistenztaucher mit der Flasche nebenher. Diese können ihn, falls er bewusstlos würde, auffangen. Ein Seil zeigt ihm den Weg zum rettenden Eisloch.  So kann er sich sichern. „Sobald Du dich nicht sicher fühlst, sobald du zögerst, hast du Stress“, sagt er. Um Gelassenheit und Ruhe zu bewahren, braucht es Vorbereitung und Respekt vor den Herausforderungen.


„Wichtig ist das richtige Atmen“, sagt Christian Redl. „Optimal ist es, in Angstsituationen doppelt so lange auszuatmen wie einzuatmen. Normalerweise sind beide Vorgänge gleichlang.“ Durch Atemtraining lässt sich z. B. die Konzentration erhöhen, man kann sich in den Schlaf atmen oder seine Erholungszeit verkürzen, man ist also nicht lange außer Atem. Babys atmen alle noch so: tief in den Bauch hinein. Wenn sie dann durchs Leben gehen, wird es immer beengter und Stress macht den Atem flacher und kürzer. „Mein Großvater hat immer gesagt Bauch rein, Brust raus“, erzählt er. „Dieser Satz ist uns anerzogen. Aber die Lösung ist genau andersrum: Bauch raus, tief einatmen.“


Wer sich bewusst auf seine Atmung konzentriert, der kann seine Gedanken ausschalten. Denn zwei Dinge gleichzeitig denken, kann der Mensch nicht. „Wenn mein Puls wieder runtergeht und die Atmung funktioniert, funktioniert auch mein Gehirn wieder.“ Dazu coacht er zum Beispiel auch SEK-Polizisten. Oder hilft bei Lampenfieber und Prüfungsangst. Spitzensportler kommen zu ihm, um den Erwartungsdruck zu dezimieren.


Tiefenwirksam sind solche Tipps, wenn man sich drauf einlässt. In seinem Buch stellt Christian Redl weitere Techniken für ein Leben ohne Angst vor. Denn Angst ist nur die Spitze des Eisbergs. Ihr Ursprung liegt nicht im Außen, sondern im Inneren. Sie ist erlernt, ein Programm der Psyche, das im Unterbewusstsein wirkt und uns schützen soll, stellt der Mentaltrainer in seinem neuen Buch fest. Doch die Be-drohung ist nicht immer echt, oft hat sie ihren Sitz nur in unserer Vorstellungskraft, wo sie uns blockiert und an der Verwirklichung unserer Visionen hindert. Mit dem richtigen Mindset kann jeder Mensch seine Ängste bezwingen.

Es geht Christian Redl gar nicht drum, dass man sich in Grenzbereiche bringt. Nicht jeder muss zum Apnoetaucher werden oder Extremsituationen suchen. Wir können so unseren Stress reduzieren: Wenn man im Stau steht und schreien will, dann tief einatmen und doppelt so lange ausatmen. „Sie werden sehen, es wird besser. Das funktioniert bei allem, was ich als ‚zukünftige‘ Ängste bezeichne“, fügt Christian Redl an. Wenn der Säbelzahntiger um die Ecke kommt, kann (und sollte) man nur noch instinktiv rennen. Aber in einer komplexen Welt mit ihren vielfachen Krisen und den medialen Aufregungen dazu kann man nicht einfach davonlaufen. Da hilft es, Ruhe und Gelassenheit zu bewahren. Richtiges Atmen und die richtige Einstellung führen zum Erfolg.