TECHNOLOGIE & ZUKUNFT

Die Welt des digitalen Payment

Wie sie funktioniert, warum Apple & Co. schon jetzt die neuen Payment-Giganten sind und welche Rolle Nachhaltigkeit hierbei spielt.
Autor: 
Roman Braun
, Fotograf: 
Advertorial
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Die Welt des digitalen Payment

Für viele Menschen ist Payment, also der Bezahlvorgan, z. B. im Supermarkt oder im Restaurant, einer dieser fast magischen Vorgänge. Fast jeden Tag bezahlen wir irgendwo irgendetwas, aber wie der Bezahlvorgang wirklich abläuft, entzieht sich gewöhnlich genauso unserem Verständnis wie Werbealgorithmen im Internet oder die komplexe Interaktion im Verkehrsnetz, die dazu führt, dass der Zug mal wieder zu spät kommt. Würden wir einen Experten auf diesem Gebiet dann fragen, wie das ganze eigentlich funktioniert, würde vermutlich schnell das passieren, was häufig geschieht, wenn Fachleute über ihre Arbeit reden. Wir würden überrollt von jeder Menge Fachbegriffen wie „Issuer“, „Payment Processor“, „POS Acquirer“, „BNPL“ oder „M2M“ und am Schluss wären wir beinahe so schlau wie zuvor. Aber stopp, jetzt fangen wir hier beinahe genauso an – und das wollen wir ja nicht, oder?

Payments in a nutshell

Bevor wir uns den Dos and Don’ts der Branche und aktuellen Trends und Entwicklungen widmen, wollen wir mit den Grundlagen anfangen. Was ist „Digital Payment“ eigentlich, wie funktioniert es und wer ist daran beteiligt? Stellen wir uns dazu vor, dass wir gerade an der Supermarktkasse unseren Einkauf bezahlen wollen. Wir (die Verbraucher) sind dann die sogenannten „Payer“, die bei einem Händler, dem „Payee“ oder auch der „Akzeptanzstelle“ einkaufen – so weit, so simpel. In unserem Fall entscheiden wir uns für eine vom „Payee“ angebotene digitale Zahlungsmethode. Wenn online oder in einem Geschäft bezahlt wird, läuft hinter den Kulissen eine Menge ab. Eine Kette von Meldungen und Aktionen wird von Banken und anderen Parteien in Gang gesetzt, die letztlich zur Gutschrift oder Belastung von Beträgen auf den Konten von Käufer und Verkäufer führen. In dieser Kette werden auch Transaktionen zwischen der Bank des Verkäufers und der Bank des Käufers mit Hilfe eines speziellen Zahlungssystems abgewickelt. Der „Payer“ hat von einem Finanzinstitut (in der Regel einer Bank) eine Karte erhalten. Auch wenn der Karteninhaber nicht wirklich Eigentümer der Karte ist und nur berechtigt ist, sie zu benutzen. Die Karte bleibt Eigentum des Finanzinstituts (auch „ausstellende Bank“ oder „Issuer“ genannt), das sie ausgestellt hat. Der „Issuer“ gibt die Zahlungskarten aus, die dem Karteninhaber ausgehändigt werden und ist für die Herstellung der Zahlungskarte sowie die Verwaltung der zugehörigen Kryptographie zuständig. Außerdem entscheidet der „Issuer“ sich für ein bestimmtes sogenanntes Kartenzahlungsnetz (z. B. Visa, Mastercard, Europay, JCB, American Express oder Discover).

Der nächste wichtige Akteur, der nun auf den Plan tritt, ist der „Acquirer“, das Geldinstitut, das dem Händler („Payee“) die für die Annahme von Zahlungskarten erforderlichen Werkzeuge zur Verfügung stellt. Bei dem „Acquirer“ kann es sich um eine klassische Bank oder ein Drittsystem handeln, das nicht direkt mit der Bank verbunden ist, bei der der „Payee“ ein Konto hat. Im Allgemeinen stellt der „Acquirer“ dem Händler Hardware und Software zur Verfügung, koordiniert die Akzeptanz aller verfügbaren Bezahlarten mit den Kartenzahlungsnetzen und ermöglicht so die Abwicklung von Transaktionen.

Zurück zur Supermarktkasse – unsere Bezahlung mit der Karte, ob digital oder physisch, löst einen Authentifizierungsfluss vom Händler zu seiner Acquirer-Bank und dann von der Acquirer-Bank zur Issuer-Bank aus (dieser Prozess verwendet wiederum ein riesiges Netzwerk von Switches, Gateways und Servern, die von dem jeweiligen Kartensystem-Netzwerk verwaltet werden – aber das führt an dieser Stelle zu weit). Wichtig ist vor allem, dass der Autorisierungsfluss letztendlich innerhalb von wenigen Sekunden zu einem positiven oder negativen Ergebnis führt. Vorausgesetzt unsere Kreditwürdigkeit (Bonität) ist ausreichend, ist die Autorisierung erfolgreich. Die entsprechende Transaktion wird ausgeführt, der Betrag wird abgebucht und wir spazieren mit unserem Einkauf nach draußen. Was dabei an der Supermarktkasse abläuft, passiert so oder zumindest sehr ähnlich auch bei jeder anderen digitalen Transaktion, also unabhängig davon, ob wir mit einer Karte, unserem Smartphone oder auch online bezahlen – die zentralen Akteure und der ablaufende Prozess bleiben gleich. Da das Bezahlen trotz des komplexen Vorgangs so sehr schnell geht und zudem als relativ sicher gilt, setzte sich „Digital Payment“ in den vergangenen Jahren immer stärker durch, digitale Zahlungsmethoden werden immer beliebter und integrativer Teil unseres Alltags am „Point of Sale“ und im E-Commerce.

Bereits sechs von zehn Deutschen bezahlen kontaktlos mit ihrem Smartphone oder einer Karte. 2021 waren es noch 56 Prozent, 2020 knapp vor der Pandemie nur 47 Prozent. In den Portemonnaies der meisten Deutschen steckt (noch) eine Girocard, mehr als 100 Millionen davon sind in Umlauf. Die meisten bargeldlosen Einkäufe werden mit der Girocard, besser bekannt unter ihrem alten Namen „EC-Karte“, bezahlt. 5,9 Milliarden Transaktionen waren es 2021, Tendenz steigend. Im Handel wird eine Präferenz für die Girocard deutlich. Laut dem EHI, einem Forschungsinstitut des Handels, sind Girocard-Transaktionen für Händler deutlich billiger als Zahlungen mit Mastercard und Visa. Banken als Herausgeber der Karten erhalten bei jeder Transaktion eine Gebühr, von Experten „Interchange-Fee“ genannt, einen Minianteil am Umsatz. Sie ist bei Debitkarten EU-weit auf 0,2 Prozent gedeckelt, bei der Girocard liegt sie teils darunter. Im Fall von Mastercard und Visa greift zudem eine Gebühr für die Systemnutzung, die Händler zahlen. Von den Banken kassieren die US-Konzerne Lizenzgebühren. Die Corona-Krise hat den Trend klar vorangetrieben: Bezahlen muss digital, schnell und kontaktlos funktionieren. Dadurch verändert sich die Welt des Zahlungsverkehrs seit Jahren rasant. Unternehmen, die den Markt lange Zeit beherrscht haben, stehen vor neuen Herausforderungen und jüngere Konkurrenten drängen mit innovativen und spannenden Lösungen auf die große Payment-Bühne.

Payment- & FinTech-Branche zunehmend unter Druck: Wohin führt der Weg von Klarna & Co.?

Ein Unternehmen, das sich in der Branche im Zuge dieses Wandels bereits einen Namen gemacht hat, ist der schwedische Anbieter Klarna. Mittlerweile ist die von den Schweden großgemachte BNPL-Methode als Zahlungsprozess bei über 200.000 Online-Marktplätzen als Zahlungsoption verfügbar und erfreut sich auch bei Verbrauchern einer hohen Beliebtheit. Im Falle der BNPL-Abkürzung versteckt sich hinter dem augenscheinlichen Fachjargon allerdings im Prinzip auch schon der ganze Vorgang. Denn BNPL heißt schlicht „Buy Now Pay Later“. Also bezahle ich ein Produkt, das ich mir online kaufe, erst zu einem späteren Zeitpunkt (in der Regel bis 30 Tage später). Für mich als Verbraucher hat das den Vorteil, dass ich beim Händler online nicht meine Kontodaten beim Kauf angeben muss, dass mein Konto zum Zeitpunkt des Kaufes nicht unmittelbar belastet wird und ich letztlich die Ware auch zuerst erhalte, bevor ich sie bezahle. Dem Händler bietet Klarna im Gegenzug die vollständige Abwicklung des Zahlungsprozesses und garantiert, wenn das Geschäft zustande kommt, den Eingang der Bezahlung – alles gegen eine kleine Gebühr, versteht sich. Den  „Kauf auf Rechnung“ führte das Versandhaus Otto-Gruppe bereits 1951 ein, also eigentlich ein alter (deutscher) Hut. Mit dieser Masche sind die klassischen Banken als Abwickler von Online-Transaktionen ausgeschlossen, was diese weiter unter Druck setzt und Klarna als junges Unternehmen schnell sehr erfolgreich und wertvoll gemacht hat. Doch obwohl in den vergangenen Jahren die Schweden mit einer Spitzenbewertung in Höhe von 46 Mrd. EUR als eines der weltweit wertvollsten FinTech Unternehmen gehandelt wurden, stehen die Zeichen auf Sturm. Nicht erst 2022, seit die Inflation steigt und die Kaufkraft sinkt, birgt BNPL ein enormes Konsumenten-Risiko, mit dem Unbedachte schnell in Schulden und Zahlungsunfähigkeit rutschen können. Gleichzeitig sinkt die Zahl der teilnehmenden Händler und damit schmelzen die mit enormen Marketing-Budgets erkauften Umsätze. Ein hohes finanzielles Risiko für Klarna. Außerdem haben bereits mehrere Betrugsfälle das Vertrauen in die Sicherheit der Zahlungsabwicklung von Klarna angekratzt. Und als wäre das nicht schon herausfordernd genug, scheint das Interesse der Tech-Giganten aus dem Silicon Valley, in der Branche mit eigenen Ideen mitzumischen, erwacht zu sein. Google, Apple und Co. scheinen den wandlungsfähigen Markt einmal mehr revolutionieren zu wollen.

Die neuen Champions Google, Apple, Tesla und Co.

Deswegen ist der Aufstieg von Tech-Giganten wie Apple und Google, die ihre riesigen Datenschätze nutzen, um neue und innovative Payment-Lösungen anzubieten, ein weiterer wichtiger Trend. Diese Unternehmen nutzen ihre große Nutzerbasis und ihre großen Finanzmittel, um Dienste anzubieten, die die traditionellen Bezahlanbieter zunehmend verdrängen. So nutzt Apple beispielsweise seinen Dienst Apple Pay, um Zahlungen via iPhone oder seiner Apple Watch vorzunehmen und setzt etablierte Zahlungsanbieter wie Visa und Mastercard unter Druck. Doch Apple begnügt sich nicht damit, nur einen Bezahldienst anzubieten – das Unternehmen hat ehrgeizige Pläne, eine „Super-App“ zu entwickeln, die den Nutzern eine breite Palette von Dienstleistungen bietet. Dazu gehört das Angebot von Finanzdienstleistungen wie Darlehen und Kreditkarten und sogar Versicherungen. Damit steht Apple in direkter Konkurrenz zu den traditionellen Banken und Finanzinstituten und hat das Potenzial, die gesamte Finanzbranche zu verändern und die „alten Dinos“ der Finanzindustrie aus ihren Kern-Geschäftsfeldern zu verdrängen.

Eine Folge dieser Umwälzung ist, dass traditionelle Banken und Zahlungsanbieter zunehmend unter Druck geraten, sich anzupassen und weiterzuentwickeln. Viele setzen auf neue Technologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz, um ihre Dienstleistungen zu verbessern und suchen nach Wegen, um mit Unternehmen wie Apple und Google zu konkurrieren. In Zukunft ist mit noch mehr Umwälzungen in der Zahlungsbranche zu rechnen. Trends wie M2M-Zahlungen („Machine-to-Machine“) werden weiter zunehmen und wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Branche spielen. Diese Art von Zahlungssystem ermöglicht den automatischen und nahtlosen Austausch von Zahlungen, ohne dass ein menschliches Eingreifen erforderlich ist. Sie werden durch den Einsatz verschiedener Technologien ermöglicht, z. B. Nahfeldkommunikation (NFC) und Radiofrequenz-Identifikation (RFID), d. h. Maschinen kommunizieren miteinander und Geldbeträge werden in Echtzeit überwiesen. Einer der Hauptvorteile von M2M-Zahlungen ist die Effizienz. Durch die Automatisierung des Zahlungsprozesses können Zeit und Geld für administrative Aufgaben, wie die manuelle Dateneingabe und den Abgleich, eingespart werden. Sie können auch zur Erleichterung von Mikrotransaktionen eingesetzt werden, d. h. von Transaktionen mit geringem Wert, die mit herkömmlichen Zahlungsmethoden nur schwer zu verarbeiten sind. Dies kann für Unternehmen von Vorteil sein, die auf kleine Transaktionen angewiesen sind, wie z. B. mobile Apps und Online-Plattformen. Ein weiterer Vorteil von M2M-Zahlungen ist die erhöhte Sicherheit. Da die Transaktionen zwischen Maschinen abgewickelt werden, ist das Risiko menschlicher Fehler und von Betrug geringer. Außerdem verwenden viele M2M-Zahlungssysteme Verschlüsselung und andere Sicherheitsmaßnahmen, um sensible Daten zu schützen und unbefugten Zugriff zu verhindern. M2M-Zahlungen werden derzeit in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt, unter anderem im Transportwesen, im Einzelhandel und im Gesundheitswesen. Im Verkehrswesen können M2M-Zahlungen beispielsweise für Mautstellen und Parkuhren verwendet werden. Im Einzelhandel können M2M-Zahlungen für Verkaufsautomaten, Selbstbedienungs-Kassensysteme und andere automatisierte Einzelhandelsgeräte verwendet werden. Im Gesundheitswesen können M2M-Zahlungen z. B. für die Einlösung von Rezepten und den Verleih von medizinischen Geräten genutzt werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass M2M-Zahlungssysteme den einschlägigen Vorschriften und Gesetzen entsprechen müssen und hier liegen vor allem in Deutschland die üblich hohen bürokratischen Hürden. Außerdem können sie ein wichtiger Katalysator für „Internet of Things“-Anwendungen (IoT) werden, da es künftig noch viel mehr Geräte geben wird, die Transaktionen ohne menschliches Eingreifen durchführen müssen. Und mit technologischen Fortschritten wie 5G wird erwartet, dass M2M in Zukunft immer mehr zunehmen wird. Aber nicht nur die Zahlungsanbieter sind betroffen – auch die Verbraucher sehen die Vorteile dieser Umwälzung. Apple und Google zum Beispiel haben durch ihre Datenschätze viel bessere Möglichkeiten, die Kreditwürdigkeit von Unternehmen oder Einzelpersonen zu beurteilen. Das bedeutet, dass sie personalisierte und maßgeschneiderte Dienste anbieten und sogar denjenigen Zugang zu Krediten und Finanzdienstleistungen verschaffen können, denen dieser in der Vergangenheit möglicherweise verwehrt wurde. Und das alles in Sekundenbruchteilen ohne lästige Bankbesuche und Papierstapel.

Nachhaltigkeit im Payment – is it a thing?

Auch gewinnen die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit, Soziales und Governance (ESG) in der Zahlungsverkehrsbranche zunehmend an Bedeutung und es ist zu erwarten, dass sich mehr Unternehmen auf umweltfreundliche Zahlungslösungen konzentrieren, die beispielsweise erneuerbare Energiequellen nutzen. Dabei setzen sie vermehrt auf die Umsetzung grüner Initiativen. Einige Unternehmen konzentrieren sich auch auf ökologische und soziale Aspekte ihrer Produkte und Dienstleistungen. So entwickeln sie z. B. mobile Apps, mit denen die Nutzer ihren Energie-Verbrauch verfolgen können oder nutzen ihre Transaktionsdaten, um sie über ihren Verbrauch aufzuklären und bieten z. B. einen Kohlenstoffausgleich, indem sie den Nutzern die Möglichkeit geben, die durch Transaktionen verursachten CO2-Emissionen auszugleichen. Auch die Investoren üben Druck auf die Zahlungsverkehrsunternehmen aus, nachhaltigere Praktiken einzuführen und die Zahlungsverkehrsbranche hat erkannt, dass Nachhaltigkeit und ESG-Überlegungen immer wichtiger werden. Daher kann diese eine wichtige Rolle bei der Förderung der Nachhaltigkeit und der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft spielen.

Fazit

Insgesamt befindet sich die Zahlungsbranche im Umbruch. Darüber hinaus richten Regierungen und Aufsichtsbehörden ihr Augenmerk verstärkt auf die Zahlungsverkehrsbranche, um Betrug zu verhindern und die Interessen der Verbraucher zu schützen. Zahlungsverkehrsunternehmen müssen diese Vorschriften einhalten und auch mehr in die Sicherheit investieren, um diese Anforderungen zu erfüllen. Andere technologische Fortschritte wie 5G und IoT haben ebenfalls das Potenzial, die Zahlungsbranche umzugestalten und neue Chancen zu ermöglichen. Die Unternehmen, die mit einer Kombination aus Innovation, Investitionen und strategischem Denken in der Lage sind, sich anzupassen und weiterzuentwickeln, werden auch weiterhin erfolgreich sein. Ganz gleich, ob es sich um Tech-Giganten wie Apple und Google oder um innovative Start-ups wie Klarna und deren heute noch unbekannte Konkurrenten handelt, die Zukunft des Zahlungsverkehrs wird mit Sicherheit spannend und voller neuer Chancen für Unternehmen und Kunden sein.